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Widerstandskraft
Hallo da draußen in der Welt,
ein Artikel über Resilienz (deutsch: Widerstandskraft) sprach mich sehr an und es ist ein Thema, das mich fasziniert.
Resilienz könnte man auch als seelisches Immunsystem beschreiben, das einen extreme Belastungen ohne seelischen Schaden durchstehen lässt. Nelson Mandela ist ein bekanntes Beispiel dafür. Ich fand schon immer faszinierend, wie er die Zeit in Einzelhaft so unbeschadet überstand. Hansjürgen Fenske, den ich kennen lernen durfte und mit dem ich mich austausche, überstand die grausame Zeit als unschuldig inhaftierter Jugendlicher in einem Gefangenenlager nach Ende des zweiten Weltkrieges, ohne bitter zu werden oder zu zerbrechen. Wie schaffen das diese Menschen nur?
Resilienz ist ein Begriff aus der Werkstoffkunde. Es umschreibt Stoffe, die sich auf äußeren Druck einer neuen Form leicht anpassen und auf nachlassen des Drucks in ihre ursprüngliche Form zurückgehen. Das finde ich sehr einleuchtend - und auf die Seele übertragen ein hilfreiches Verhalten.
Nun gehöre ich zu den Menschen, die dazu neigen nach Rückschlägen eher einzuknicken und die eher lange brauchen, bis sie sich von Kritik, Schicksalsschlägen oder Stress erholt haben, zumindest ist das mein subjektives Erleben. Vermutlich spielt meine Hochsensibilität dabei auch eine Rolle. Und weil ich widerstandsfähiger werden will, fasziniert mich das Thema Resilienz. Das Augustblatt des Tischkalenders ist ihr gewidmet.
Wissenschaftler versuchten rauszufinden, was Menschen ausmacht, die widerstandsfähiger sind als andere. Im besagten Artikel untersuchte man eine Gruppe Kinder. Die Widerstandsfähigen zeichneten folgende Eigenschaften aus:
- das Gefühl: Ich kann mein Leben selbst beeinflussen, was ich tue zeigt Wirkung (statt erlernter Hilflosigkeit*, also der Erfahrung, wenn ich mich einsetze, erziele ich keine Wirkung.)
- Ein gutes Selbstwertgefühl. (Dazu gehört auch, die Erfahrung zu machen, ich kann meine Probleme aus eigener Kraft oder mit geholter Hilfe lösen, statt sie z.B. von Erwachsenen weggenommen zu bekommen. Also Stärkung der eigenen Lösungsfähigkeit statt Überbehütung.)
- Ein Mensch, der sie unterstützte, zum Beispiel ein Familienmitglied, Freunde oder eine andere Bezugsperson.
- Ausgeprägte Sozialkompetenz: z.B. hohe Empathie, früh Verantwortung für andere z.B. Familienmitglieder übernehmen
Gute Nachricht: Widerstandskraft lässt sich lernen - ohne Altersbeschränkung. In einer Studie fand man raus, das alte Menschen eine höhere Resilienz aufwiesen. Die innere Stärke wächst also auch mit dem Alter: Juchu!!!
Unabhängig davon vermute ich auch, je mehr man 'durchgestanden' hat in seinem Leben, desto stärker fühlt man sich. Wer zum Beispiel die Wirrungen des Krieges überlebt und überstanden hat, wie die Generation meiner Großmutter, kann auf einen kraftvollen Reservetank zurückgreifen, indem er sich erinnert, was er schon alles geschafft hat. Wahrscheinlich haut einen dann ein kleiner Windhauch im jetzigen Leben weniger schnell um.
Ich will lernen, widerstandsfähiger zu sein und mich Schritt für Schritt aus meiner alten Haut heraus bewegen. Nun habe ich wie die meisten meiner Generation die Gnade erfahren, keinen Krieg erleben zu müssen, aber auch ich kann auf mein Leben zurück blicken und schauen, was ich schon alles 'überstanden' und durchgestanden habe. Ein schöner Gedanke: Kraft-Erinnerungen sammeln. Das mache ich jetzt mal. Hm, was fällt mir da ein?
Ihre Anja Kolberg
* Erlernte Hilflosigkeit ist ein Phänomen, das auch bei Tieren bekannt ist: Ein Elefantenbaby, das im Zirkus an einem viel zu starken Pfahl angebunden ist, versucht sich vielleicht noch loszureißen. Es gelingt ihm nicht. Ist der Elefant ausgewachsen, verfügt er längst über die Kraft sich zu befreien. Er probiert das aber gar nicht mehr, weil er als Jungtier gelernt hat, dass er keinen Erfolg hatte. So ist das bei uns Menschen auch: Wenn wir als Kind gelernt haben, unser Bemühen ist erfolglos, führt das als Erwachsener dazu, dass wir schon gar nicht mehr probieren etwas in Bewegung zu setzen. Das ist erlernte Hilflosigkeit. Das gute: Man kann dieses erlernte Verhalten ändern.
Genutzte Quellen: Artikel 'Die Stehauf-Männchen' auf netdoktor.de (nicht mehr online)- Blogbeitrag Hochsensibilität - Wikipedia: Resilienz - Beitrag über Hansjürgen Fenske im Kölner Stadtanzeiger, nicht mehr online (Buch: Wie ich meine Jugend überlebte, Lexikus-Verlag, ISBN 978-3940206381) - Dokumentation Fachtagung 2006 'Was Kinder ... stark macht' des Institut für Sozialarbeit und Sozialpädagogig e.V. (nicht mehr online).
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Thema: Blog - 2012, 1. Halbjahr, Blog - Psychologie
April-Impressionen
Tischkalender 2012 'Ich will frei sein'
Foto: Blätter eines Kastanienbaumes mit knospiger Blüte
Affirmation: 'Ich traue anderen etwas zu.'
Im Stern-Artikel über Innere Stärke (Ausgabe 12 vom 15.3.2012) las ich vom Tierfilmer Andreas Kieling. Seine Mutter ließ ihn mit 10 Jahren alleine 50 km mit dem Rad fahren, um Hirschhornkäfer zu beobachten. Für ihn war dies genau das Richtige, um Stärke und Vertrauen in sich selbst zu finden.
Jean Liedloff berichtet in ihrem bemerkenswerten Buch 'Auf der Suche nach dem verlorenen Glück' von Indianern, die ihren Kindern früh zutrauen, Dinge selbst zu tun und gut auf sich zu achten. Kinder glauben ihren Eltern alles, so die Psychotherapeutin. Auch übervorsichtigen Eltern, zu was sie als Kind offensichtlich nicht fähig sind. (Warum sonst deren große Sorge?) Und das unabhängig von dem, was wirklich möglich wäre. In einem Vortrag nennt die Autorin das Beispiel eines Kindes, das sicher zwischen zwei Wasserbecken balanciert, bis die ängstliche Mutter zu ihm kommt.
Übertragen auf meinen Umgang mit Erwachsenen heißt das für mich: Je mehr ich anderen zutraue, desto mehr trauen sie sich selbst zu und desto besser passen sie auf sich auf.
Wo zeige ich zuviel Angst und Sorge um andere und signalisiere damit indirekt: Ich glaube nicht, dass du gut für dich selbst sorgen kannst. Ich muss also auf dich aufpassen. Eine veränderungswürdige Einstellung, denn ich will so auch nicht behandelt werden. Ich will Vertrauen und Freiheit.
Warum sorge ich mich überhaupt? Will ich mich selbst und andere vor einem Unglück bewahren, damit wir kein Leid erfahren, keine Schmerzen erleiden müssen und keiner durch diese intensive Gefühle gehen muss? Aber habe ich darüber wirklich die Kontrolle?
Mir ist durch die beiden Verkehrsunfälle (letzten März nahm mir jemand auf einer Kreuzung bei Grün die Vorfahrt und drei Jahre zuvor geschah das Gleiche meinem Mann) bewusst geworden: Ich hatte keinen Einfluss. Ich kann andere Verkehrsteilnehmer nicht kontrollieren, so korrekt ich mich selbst auch verhalte.
Ich glaube inzwischen: Wenn etwas passieren soll, dann passiert es, da kann ich noch so gut aufpassen oder andere vor einem Unglück bewahren wollen. Da kann ich noch so sehr versuchen, Gefahren zu vermeiden. Ich habe eben nicht über alles im Leben die Kontrolle. Wenn einen das Schicksal einholen will, dann tut es das auch.
Bis dahin versuche ich, meine Ängste um andere mehr und mehr loszulassen, Vertrauen in mich und andere - und das Leben - zu stärken und uns die Dinge tun lassen, die wir lieben. Auch wenn sie gefährlich sind.
Leichter gesagt als getan. Doch Gedanke und Wunsch sind ein guter Anfang.
Für Interessierte: Hier ein Vortrag von Jean Liedlhoff, die im März 2011 verstarb. Im Internet finden Sie mehr von ihr unter dem Begriff 'Kontinuum-Konzept' .
Wandkalender 'Glückliche Zeiten'
Foto: Ein alter Kirschbaum in weißem Blütenkleid
Text: 'Die Natur beginnt jeden Frühling den Kreis von Geburt, Wachsen, Reifen und Rückzug. Auch wir Menschen haben die Chance, jedes Jahr neu anzufangen.'
Ich liebe die frisch geschlüpften hellgrünen Blättchen, die im Moment überall aus scheinbar leblosem Holz, Zweigen, Ästen sprießen. So viel Kraft und Wille zu wachsen und sich zu verändern. Abwerfen, was nicht mehr zu mir passt und etwas beginnen, das jetzt für mich passt: An diese Möglichkeit erinnert mich der Frühling.
Einen herrlichen April wünscht Ihnen Ihre
Anja Kolberg
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Thema: Blog - 2012, 1. Halbjahr, Blog - Monatliche Impulse