Dankbarkeit
Schon seit einiger Zeit denke ich daran, über Dankbarkeit zu schreiben.
Im Urlaub habe ich ein Buch gelesen, das mir meine Oma mitgegeben hat: Bis auf den Grund des Ozeans. Vielleicht kennen Sie es? Julia Tavalaro ist Anfang 30 als sie zwei Schlaganfälle aus ihrem Leben reißen: Nach stürmischen Jahren als Single wohnt sie endlich mit dem Mann, der sie liebt und mit ihrer kleinen Tochter in dem Haus, von dem sie immer träumte. Sie wacht eines Tages im Krankenhaus auf. Da sie als hirntot gilt, kommen das Pflegepersonal nicht auf die Idee, dass sie hören, sehen und fühlen kann. 6 Jahre lang erleidet sie Qualen bis eine Therapeutin merkt, dass sie mit ihren Augen sprechen kann. Eine bemerkenswerte Geschichte vom Lebensmut und Willen einer Frau. Unbedingt lesenswert!
Und nach solcher Lektüre und auch dank den Berichten über Frauenleben in
der 3. Welt werde ich mir immer wieder und immer mehr bewusst, was ich
alles habe, das für mich sonst selbstverständlich ist - für andere aber
noch lange nicht. Damit schwenkt mein Blick, von dem, was ich nicht habe
auf das, was ich alles habe. Und weg von dem, was ich noch nicht
erreicht habe bzw. erreichen will - auf das, was ich bereits erreicht
habe. Wenn ich mir das alles bewusst mache, fühle ich mich - unabhängig
von meinem sonstigen Bewertungsszenarios meines Lebens - unendlich
reich. Was das alles ist?
Ich kann sehen. Ich kann hören. Ich kann sprechen. Ich kann schreiben.
Ich habe ein Dach über dem Kopf und zu jederzeit genügend Wasser, um zu
trinken oder mich zu waschen. Mein Kühlschrank ist voll - ich habe immer
genug zu essen. Ich kann gehen und laufen ohne die Hilfe eines anderen
zu beanspruchen. Ich habe eine Familie, die mich liebt und die ich
liebe. Meine Oma und meine Eltern und meine Geschwister leben. Wir leben
in Freiheit und brauchen keine Angst zu haben, wegen des Glaubens oder
unserer Meinung verfolgt zu werden. Ich habe eine schulische und
berufliche Ausbildung genossen. Wann immer ich will, habe ich Zugriff
auf noch mehr Wissen und kann noch mehr lernen. Ich habe immer
Möglichkeiten zu schreiben, wann immer ich es will. Ich habe nur einmal
im Monat Schmerzen. Ich kann jederzeit zu einem Arzt gehen, der mich
versorgt. Ich kann reisen, wenn ich reisen will. Ich habe ein eigenes
Arbeitszimmer und zu Hause genügend Platz für mich alleine. Ich habe
einen Garten, den ich gestalten kann. Ich kann malen und habe genug
Material dafür da. Ich kann über das Internet weltweit zu Menschen
Kontakt aufnehmen. Ich kann in Urlaub fahren. Ich habe nette
Schwiegereltern und Nachbarn, die während
dessen auf das Haus acht geben. Ich lebe in einer gleichberechtigten
Partnerschaft und Gesellschaft. Kein Mensch erteilt mir Befehle oder
gibt mir Regeln vor, die ich beachten muss. Ich kann mich mit anderen
Frauen treffen, wann immer ich will und frei draußen bewegen. Ich kann
das lesen, was ich lesen möchte. Ich habe die Möglichkeit, das zu tun,
was gut für mich ist und zu lassen, was nicht gut für mich ist. Ich kann
meine Zeit relativ frei einteilen. Wenn ich etwas unbedingt brauche,
habe ich das Geld, um es mir zu kaufen. Wenn ich etwas unbedingt haben
möchte, habe ich die Möglichkeit, Geld zu sparen, bis ich es mir kaufen
kann. Ich lebe in einem gemäßigten Klima, das mir gut tut. Wenn das
nicht mehr so ist, hätte ich die Möglichkeit, hier weg zu gehen. Wenn
alles schief geht, habe ich einen Staat, der für mich sorgt. Ich muss
nicht unter einer Brücke oder am Straßenrand auf Pappe schlafen. Ich
habe einen Pkw, mit dem ich fahren kann, wann und wohin immer ich will.
Ich habe einen eigenen PC. Ich habe es mir möglich gemacht, meine Träume
zu verwirklichen.
Und das ist nur ein kleiner Teil dessen, was wirklich ist und wofür ich dankbar bin. Ich bin unendlich reich und in Frieden mit mir und der Welt.
Danke, lieber Gott, dass ich das alles haben darf!
Anja Kolberg
Thema: Blog - 2006, 2. Halbjahr, Blog - Achtsamkeit

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