Ich glaube an die Liebe
"... und sie lebten glücklich bis an ihr Lebensende!" - Schönes Märchen, das uns in Liebesgeschichten immer wieder aufgetischt wird. In Wahrheit wissen alle, die länger in einer Partnerschaft oder Ehe leben: Danach fangen die Herausforderungen in der Beziehung erst so richtig an. Denn sind die ersten heißen Gefühle und Wallungen passé, öffnet sich der Blick für die Macken des anderen und man selbst zeigt sich auch nicht mehr nur von der Sonnenseite. Wer wollte nicht schon mal seinen Partner in den Himmel schießen?
Wie meistert man die Probleme, die jede Beziehung erlebt? Was gehört dazu, um bis ins Alter in einer Partnerschaft glücklich zu sein? Leben alle alten Ehepaare wie Bruder und Schwester miteinander? Wie hält man die Liebe jung? Stimmen wirklich die unzähligen Statistiken, was das Liebesleben durchschnittlicher Paare angeht oder sind das alles nur Wunschträume? Wird beim nächsten Partner auf Dauer wirklich alles besser? Oder erlebt man immer eine schöne Anfangszeit und dann nach einigen Jahren Beziehung ein Trennungsrevival? Erwarten wir zuviel von einer Partnerschaft?
Warum ich mir gerade jetzt darüber Gedanken mache? In meiner Familie trennt sich ein Paar. Und ich glaube dennoch an deren Liebe. Vielleicht bin ich eine hoffnungslose Romantikerin. Vielleicht bin ich unmodern. Patchwork ist in und klingt interessant, es gibt wirklich viele schöne Geschichten von völlig neuen Lebensmodellen. Sind alte Werte wie die Ehe wirklich überholt?
Wenn sich ein Paar im Bekanntenkreis trennt, bewirkt dies meist auch ein Nachdenken der Paare in deren Umfeld über ihre eigene Beziehung. Zumindest kenne ich das von den Frauen so. Auch ich denke dann nach. Als sich vor einigen Jahren ein befreundetes Paar trennte, schüttelte mich das ziemlich stark, weil ich so unzufrieden war. Dieses Mal ist es anders. Ich fühle mich gefestigter. Schönes Gefühl der Ruhe. Hätte nicht gedacht, dass ich das schaffe.
Ich glaube an die Liebe und die damit einhergehenden Herausforderungen. Seinen Partner sucht man sich nicht ohne Grund aus. Der andere hat etwas, das man haben möchte, sich wünscht und man selbst vielleicht nicht auslebt. Von meinem Partner konnte ich lernen, auch mal 5e gerade sein zu lassen. Mich nicht ständig zu überarbeiten und auch mal Pause zu machen. Ihm imponiert auf der anderen Seite, dass ich die Dinge anpacke und umsetze, die ich mir vornehme. Das heißt nicht, dass diese Lernaufgaben leicht sind. Oh nein, sie bringen mich an meine Grenzen. Für mich war das Buch "Liebe dich selbst und es ist egal, wen du heiratest" letztes Jahr ein wahrer Glücksfund. Zum einen, weil ich darin bestärkt wurde, dass ich mit meinem Partner genau die Partnerschaft führen kann, die ich führen möchte. Und dass die Unzufriedenheit, die ich spüre, mit mir selbst zu tun hat und der Partner sie projeziert. Die Erkenntnis hat mir gut getan. Genörgelt und kritisiert hatte ich lange genug. Eine Kundin, die das Buch auch gelesen hatte, nannte mir ein sehr schönes Zitat daraus "Trennung ist Aufschub von Heilung." Ja, auch das glaube ich. Beziehung ist harte Arbeit. Vor allem an sich selbst.
Vielleicht denke ich darüber irgendwann einmal anders. Jetzt bin ich so und dankbar dafür, dass ich einen Mann habe, der mich liebt - so wie ich bin. Seine Beständigkeit und Liebe ist eine Ressource in meinem Leben, die mir sehr viel Sicherheit, Stärke und Vertrauen schenkt. Und dafür bin ich dem Himmel dankbar! :o)
Und diese Ressource schenkt mir auch ungeheure Lernaufgaben, die ich nicht wirklich haben will, mich aber sicherlich auf meinem Weg weiterbringen. Wenn ich mehr Zärtlichkeit wünsche, kann ich mich ehrlich fragen: Und wann war ich zärtlich zu meinem Partner? Wenn ich das Gefühl habe, ich komme zu kurz: Wann habe ich mir Zeit für mich selbst genommen? Ich stelle immer wieder erstaunt fest, dass mein Partner mir alle Zeit der Welt und auch Freiheiten gibt, die ich mir wünsche. Ich muss es nur sagen. Und handeln. Und nicht denken: "Schade, dass mein Partner nicht dies oder das mit mir macht."
Eine Tarotkartenlegerin sagte mir: "Männer erahnen deine Träume nicht. Sie brauchen klare Ziele. Denen musst du genau sagen: Ich will zum Geburtstag genau das rote Kleid dort haben. Dann bekommt man auch, was man will." Hm. Bedeutet auch, dass ich sagen muss, was ich will. Der Schritt davor: Herausfinden, was ich überhaupt will. Und da gibt es ja viele Fragen: Will ich Karriere? Will ich ein Kind? Will ich beides? Gleichzeitig? Wo will ich leben? Zu welchen Kompromissen bin ich bereit? Es ist an mir, zu handeln und meine Partnerschaft so zu gestalten, dass sie für mich stimmt und ich darin zufrieden und glücklich in mir selbst bin. Dann kann ich auch mit dem anderen glücklich sein.
Auf die Liebe
Anja Kolberg
Thema: Blog - 2006, 2. Halbjahr, Blog - Beziehungen
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