Kleine Freiheiten im Alltag
Eine solche habe ich gestern genossen: Es war halb fünf, eigentlich noch 1.5 Stunden Zeit weiterzuarbeiten. Die Sonne schien und meine Gedanken zogen zu dem Buch, das ich fast zu Ende gelesen hatte. Warum nicht eine kurze Pause machen? Also die Treppe runter, die Kaffeemaschine angeschmissen, ab auf die Terrasse in die Sonne. Hmmmm, tat das gut. Ich liebe ja die Wärme der Sonnenstrahlen, wenn es im Schatten sonst recht frisch ist. Das tut mir gut. So las ich und las und las und sah auf die Uhr und dachte: So, jetzt musst du aber wieder reingehen, wenn du heute noch fertig bekommen willst, was du angefangen hast. Ja, wäre vernünftig.
Auf der anderen Seite: Was soll das? Warum mache ich mir diesen Streß? Ich kann auch genau so gut am nächsten Tag mit der Arbeit weiter machen und das gute Gefühl meiner Miniauszeit mit in die Arbeit des nächsten Tages fließen lassen.
Gedacht, getan. Ich setzte mich wieder in die Sonne und vertiefte mich in das Buch, bei dem Tränen ebenso liefen wie herzhaftes Lachen. Und ich war glücklich. Plötzlich kam ein Gefühl auf, das ich sonst nur aus dem Dänemark-Urlaub kenne, wenn ich dort am Tisch auf der Terrasse sitze und lese. Ahhhh, tat das gut!
Ich erinnerte mich an den Bericht einer Bekannten, die von ihrem beruflichen Aufenthalt in Australien erzählte: Dort hatte der Chef in der Werbeagentur am Nachmittag aus dem Fenster geschaut und gesagt: "Ein tolles Wetter zum Surfen." packte sich seine Sachen und ging an den Strand. Das Lebensgefühl hätte sie in Deutschland nicht erlebt.
Aber ich erlebe es gerade! Es gibt nur einen - zumindest in der Selbstständigkeit - der mir Streß macht, das bin ich selbst. Und es ist nicht leicht, diese strenge Grenze, sofort alles abzuarbeiten (wer weiß, was sonst ist) zu durchbrechen. Selbst in meiner Angestelltenzeit war es möglich, mal zwischendrin einen Tag Urlaub zu nehmen oder am Nachmittag Überstunden abzubauen, wenn ich was Schönes vorhatte. Genutzt habe ich das vor allem in der Zeit, als ich meinen Mann kennen lernte und wir rund 60 km voneinander entfernt wohnten. Das war eine tolle Zeit!
Kleine Freiheiten im Alltag müssen nicht lange sein. Da reicht schon oft eine Stunde und die Energie, die ich dann anschließend wieder in meine Arbeit investiere, zahlt die Pause mehr aus, als wenn ich durcharbeite und traurig darüber nachdenke wie schön das Wetter doch draußen ist! Seit einigen Wochen, wenn es draußen trocken ist, nehme ich mir am Vormittag eine Stunde Zeit: Ich setze mich auf die Terrasse und lese die Zeitung und schreibe anschließend meine Erfahrungen in mein Laptop. Das tut so gut und ist so kostbar. Jedes Mal schreibe ich zum Schluss: Das war gut investierte Lebenszeit!
Und wäre das alles nicht schon Belohnung genug, hat mich Minu auch noch mit einem ihrer Tänze erfreut: Sie schmeißt dann ihren Knochen in die Luft, hüpft und spielt und tanzt damit. Ein königliches Schauspiel, das mich zum Lachen brachte. Und dass alles, "nur" weil ich mir eine Miniauszeit gestern Nachmittag nahm!
Grüße von der Sonneninsel der kleinen Freiheit
Anja Kolberg
Thema: Blog - 2007, 2. Halbjahr, Blog - Zeit für mich
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