Autoren-Interview mit Sabine Kornbichler zu "Das Richterspiel"
Das Richterspiel
Anja Kolberg: Herzlichen Glückwunsch zu ihrem neuen Roman!
Sabine
Kornbichler: Vielen Dank!
Anja Kolberg: Sie sagten vor der Veröffentlichung, dass Ihnen
dieser Roman viel bedeutet. Warum bedeutet er Ihnen viel?
Sabine
Kornbichler: Ich musste sehr viel dafür recherchieren und bin
dadurch immer tiefer in die extrem schwer verdauliche Thematik der
Kindesmisshandlung eingetaucht. Das war auch für mich als Autorin
belastend. Ich konnte nicht abends einfach meine Arbeitszimmertür
schließen und all das hinter mir lassen.
Anja Kolberg: Mit welcher Anfangsidee starteten Sie das Buch, die
Recherchen?
Sabine Kornbichler: Die Ursprungsidee war die
Frage, was eigentlich mit den Kindern geschieht, die wegen Misshandlung
und/oder Verwahrlosung aus ihren Familien genommen werden. Ich habe mich
gefragt, wie viel Verlass darauf ist, dass es ihnen dort, wo sie
hinkommen, tatsächlich besser geht. Aus dieser Fragestellung heraus habe
ich dann meine Geschichte entwickelt. In der Realität ist es jedoch zum
Glück so, dass die Kinder in den allermeisten Fällen in ihren
Pflegefamilien gut aufgehoben sind.
Anja Kolberg: Was war für "Das Richterspiel" Ihre größte
Herausforderung?
Sabine Kornbichler: Die größte
Herausforderung war eigentlich, genau zu verstehen, was in einem Kind
vorgeht, das in seinem Elternhaus misshandelt wird, welche Folgen diese
Misshandlungen für seine Entwicklung und sein späteres Leben haben. Was
es braucht, damit dieses Kind sich in seiner Pflegefamilie von der
Traumatisierung in kleinen Schritten erholen kann.
Anja Kolberg: Möchten Sie mit diesem Buch eine Botschaft
vermitteln? Wenn ja, welche?
Sabine Kornbichler: Keine
Botschaft, eher einen Wunsch: All seinen Mut zusammenzunehmen und
einzugreifen, wenn man die Notlage eines Kindes zu sehen glaubt – auch
auf die Gefahr hin, dass man sich irrt. Den Wunsch habe ich natürlich
auch an mich.
Anja Kolberg: Die Idee mit dem hilfsbedürftigen Kommissar, der
Marlene zur Recherche benötigt, gefällt mir. Planen Sie weitere Romane
mit diesem Team?
Sabine Kornbichler: Derzeit nicht, nein.
Anja Kolberg: Wenn Sie Ihrem Roman einen Wunsch wie eine gute Fee
mit auf den Weg geben sollten, was würden Sie wünschen?
Sabine
Kornbichler: Dass er die Menschen, die ihn lesen, berührt.
Anja Kolberg: Die Handlung findet im Winter statt und erinnert
mich an den strengen Winter 2008/2009. Haben Sie bewusst diese
Jahreszeit für den Roman gewählt oder war es die Jahreszeit, in der Sie
geschrieben haben? (Statt Sylvester hätte ja auch ein anderes Fest
stattfinden können.)
Sabine Kornbichler: Ich habe ihn im
Winter begonnen und in dem strengen Winter 08/09 beendet. Aber rein
gefühlsmäßig war und ist es für mich ein Roman, in dem Kälte eine Rolle
spielt.
Anja Kolberg: Wie oft haben Sie das Buch überarbeitet, bis es
seine Endfassung erlangt hat?
Sabine Kornbichler: Dreimal.
Anja Kolberg: Fertigen Sie vorher Lebensläufe der einzelnen
Personen an? Wie detailliert sind diese, gehen sie bis hin zum
Geburtsdatum, Hobbies etc.?
Sabine Kornbichler: Nein, so
detailliert mache ich das nicht, aber Lebensläufe brauchen die Figuren
schon, und ich mache mir natürlich vorher Gedanken über die Eigenheiten,
über die Charaktere der einzelnen Personen.
Anja Kolberg: Waren Ihnen die einzelnen Stationen des Buches vor
Beginn des Schreibens klar?
Sabine Kornbichler: Im Großen und
Ganzen ja. Natürlich ergibt sich trotzdem einiges noch beim Schreiben.
Anja Kolberg: Was bleibt im Schreibprozess dem Zufall überlassen?
Sabine
Kornbichler: Dem Zufall eigentlich gar nichts, aber der Phantasie
ganz viel.
Anja Kolberg: Wie lange dauerte es von der Idee für "Das
Richterspiel" bis zur Manuskriptabgabe?
Sabine Kornbichler:
Eineinhalb Jahre.
Anja Kolberg: Sie bringen in das Buch typische Verhaltensweisen
von Senioren ein, wie bestimmte Redensarten, die Einsamkeit, die
Einrichtung der Küche. Wie sammeln und sortieren Sie diese Informationen?
Sabine
Kornbichler: Wann immer ich die Gelegenheit bekomme, in ein mir
fremdes oder ungewohntes Leben Einblick zu bekommen, nutze ich die
Chance und sehe sehr genau hin. Dieser „Rechercheblick“ ist mir
vermutlich längst zur zweiten Natur geworden.
Anja Kolberg: Für "Das Richterspiel" gab es Fachwissen zu
recherchieren, zum Beispiel über Mordermittlungen der Kripo oder
Kindesmisshandlung und deren Auswirkungen auf die Opfer, die Eltern, die
Anforderungen von Pflegefamilien, die Einschätzungen einer Psychologin,
die einer Kindergärtnerin. Wie haben Sie dieses Wissen recherchiert?
Sabine
Kornbichler: Indem ich mir für jeden Bereich jemanden gesucht habe,
der mir kompetent Auskunft geben kann. Und dann habe ich natürlich jede
Menge Fachliteratur gelesen.
Anja Kolberg: Was hat Ihnen bei diesem Buch die meiste Freude
bereitet?
Sabine Kornbichler: Claussen – ich mag diesen Mann
einfach.
Anja Kolberg: Welche Frage möchten Sie in Zusammenhang mit Ihrem
neuen Buch gerne gefragt werden?
Sabine Kornbichler: Taucht
Twiggy, Marlenes verschwundene Katze, jemals wieder auf?
Anja Kolberg: Taucht Twiggy, Marlenes verschwundene Katze, jemals
wieder auf?
Sabine Kornbichler: Da bin ich ganz sicher.
Danke für Ihre Zeit und die Informationen!
Das Interview führte Anja Kolberg, www.frauen-coaching.de
Weiterführende Links:
Thema: Blog - 2009, 2. Halbjahr, Blog - Schreiben, Schriftsteller
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