Frieden schließen
Frieden schließen? Gab es denn Krieg?
Ja.
Mit wem?
Er tobte in mir. Ein
leiser psychologischer Krieg mit Schwelbränden, mit dem diffusen Gefühl
der Unsicherheit.
Um was ging es?
Frühere
Arbeitsstellen, auf denen ich nicht glücklich war und das verbundene
Gefühl damit.
Und damit hast du Krieg geführt?
Nicht
mit den Arbeitsstellen, sondern mit mir selbst. Ich habe mich
kritisiert, angegriffen, verletzt.
Wofür?
Zum Beispiel, dass
ich überfordert war, es mir aber nicht eingestehen wollte, sondern die
Aufgaben und Situationen irgendwie meisterte. Doch das ist nicht
entscheidend. Entscheidend ist das Gefühl, das bei mir selbst zurück
bleibt. Ich habe versagt. Ich war nicht gut genug. Oder auf einer
anderen Stelle war ich sehr alleine und klammerte mich an Versprechungen
einer besseren Zukunft. Dafür habe ich viel in Kauf genommen. Zuviel.
Ich habe mich gewehrt und fühlte mich deswegen schuldig, weil ich für
mich eingestanden bin. Das sind die Gefühle, die mit mir Krieg geführt
haben.
Was ist daran so schlimm?
Es
bleibt ein Versagensgefühl zurück oder ein Ich-bin-nicht-gut-genug-Gefühl
oder ein Warum-bin-ich-nicht-wie-x-oder-y-dann-wäre-alles-anders-gelaufen.
Aber das ist doch schon so lange vorbei. Du
bist seit über zehn Jahren selbstständig.
Die
Gefühle überdauern die Zeit.
Du hast von Frieden gesprochen.
Ja,
Frieden in mir. Frieden mit den Gefühlen, die ich habe. Ich habe beim
Himmeln der vielen Ordner auch die Unterlagen zu den Arbeitsstellen
durchgeschaut und Notizen gefunden, die mich daran erinnert haben, wie
schwer es mir manchmal erging. Ich denke schnell an das zurück, wo ich
mich nicht gut gefühlt habe. Natürlich auch an das Gute, die netten
Kollegen, Chefs, aber das andere ist stärker und hinterlässt in mir ein
Gefühl der Unsicherheit.
Ist das jetzt nicht mehr so?
Ich
habe all die Notizen in Frieden losgelassen und fühle mich seit dem
freier. So frei, dass ich mir sogar wieder vorstellen kann, einen Job
als Angestellte anzunehmen. Mir ist noch mal ganz deutlich geworden wie
ich mich z.B. damals angestrengt habe, einem Idealbild zu entsprechen,
das mir nicht entsprach. Das war nicht ich und das bin nicht ich. Wie
der Schwan, der sich als hässliches Entlein fühlt. Ich war gut genug,
nur im falschen Teich, nämlich im Ententeich statt auf dem Schwanensee.
Jetzt sehe ich die Überforderung und nehme mich dafür in den Arm und höre Lycinda sagen: "Mensch, das war ganz schön heftig. Wie gut, dass du dich davon gelöst hast. Du brauchst dir das nie wieder anzutun. Sei wie du bist. Es ist gleich, welche Art der Arbeit du machst, Anja. Wichtig ist, dass du dabei glücklich bist."
Es gibt noch etwas, das anders geworden ist: In den letzten Jahren habe ich meine beruflichen Wünsche und Träume in die Tat umgesetzt. Ich fühle mich dadurch erfüllt und getragen. Falls ich wieder angestellt arbeiten gehen würde, ich hätte gar nicht mehr den hohen Anspruch an meine Arbeit, mich zu erfüllen. Dafür habe ich meine Selbstständigkeit, mein Schreiben, meine Printprodukte, meinen Blog. Mit dieser Sicht bin ich einen Schritt auf meinem Weg voran gekommen.
Herzensgrüße vom Weg der Wandlung
Anja Kolberg
Thema: Blog - 2009, 2. Halbjahr, Blog - Innere Stimme
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