Sachbuch: Die böse Mutter**

Anja Kolberg: Psychologin Catherine Herriger beschäftigt sich über 20 Jahre mit weiblicher Ess-Sucht. In diesem Buch stellt sie mögliche Ursachen vor, warum viele Frauen dick werden und bleiben. Sie hat das 1988 erstmals herausgebrachte dieses Jahr überarbeitet und um viele Beispiele ergänzt.

Meine persönliche Meinung: Die Autorin hat das Buch für Frauen mit Binge-Eating-Disorder geschrieben, also Frauen mit periodisch auftretenden Eßanfällen. Lässt man die dieses Thema betreffenden Informationen außen vor, bietet die Autorin einen interessanten Ansatz von Generation zu Generation weiter gegebenen Glaubenssätzen und Lebensregeln, die uns Frauen beschneiden und klein machen. Dieses Buch weckt auf und hilft, einen unbewussten Kreis zu durchbrechen. Catherine Herriger macht Mut, sich mit den eigenen "stiefmütterlichen" (=bösen) Aspekten auseinander zu setzen und sie anzunehmen, statt sie auf unbewusste Art weiter zu geben. Von diesem Ansatz können nicht nur Frauen profitieren, die an Binge-Eating-Disorder erkrankt sind. Auch ich konnte davon profitieren.

Kritikpunkte: 1. Der Titel ist mir zu provozierend, wirkte abstoßend auf mich, gelockt haben mich die Untertitel.
2. Mir hat nicht gefallen, dass die Autorin Wörter wie "fressen" benutzt. Es mag sein, dass an dieser Sucht Erkrankte viel Nahrung auf einmal in sich aufnehmen, dennoch finde ich es wirklich abstoßend, dass sie es - gerade als Psychologin - so abwertig "fressen" nennt. Ich vermisse hier ein wenig Feingefühl. Vielleicht sehen das Betroffene anders.
3. Es wird ein Selbsthilfeprogramm angekündigt, das nicht Inhalt des Buches ist. Es handelt sich statt dessen wie auch in der Auflage von 1989 um einen Fragebogen, den die Leserin ausfüllen und mit Geld zur Autorin schicken kann. Dafür erhält sie eine Standortbestimmung und einen individuellen Eßplan. Einerseits hat es mich wütend gemacht, weil ich dachte, das Selbsthilfeprogramm sei enthalten und fühlte mich in die Irre geführt. Andererseits frage ich mich ernsthaft, warum die Expertin selbst auf der Welle reitet, an der die Leserinnen doch bisher gescheitert sind, weil sie mit Eßplänen und Ernährungsvorgaben nicht weiter gekommen sind. Ich hätte mir gewünscht, dass die Autorin stattdessen mehr dazu ermutigt, auf sich selbst und die eigenen Gefühle zu achten und so auf einen Weg der Heilung zu kommen. Für mich ist dieser Teil des Buches ein Paradox!

Das sind aber schon die Kritikpunkte. Unterm Strich bleibt ein wirklich interessantes Werk, das hellhörig macht und dazu einlädt genauer hinzuschauen.
Anja Kolberg


Erstellt durch: Anja Kolberg am Mittwoch, 23 September, 2009
Thema: Buch: Gesundheit
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