Kinder vor seelischen Verletzungen schützen
Wie wir sie vor traumatischen Erfahrungen bewahren und im Ernstfall
unterstützen können.
Anja Kolberg:
"Trauma ist eine Tatsache im Leben. Niemand von uns wächst auf, ohne
zumindest einigen der Ungeheuer zu begegnen, die ein Trauma auslösen
können. Die gute Nachricht lautet: Ein Trauma muss nicht bedeuten, dass
wir verurteilt sind, unser ganzes Leben lang zu leiden. Mit simplen
Werkzeugen ... können Sie als Eltern die angeborene Resilenz Ihres
Kindes fördern und es damit auch in seiner Zuversicht und Lebensfreude
bestärken.", so der anerkannte amerikanische Traumatherapeut Dr. Peter
A. Levine und seine Kollegin Maggie Kline, Familien- und
Kindertherapeutin, die diesen Ratgeber geschrieben haben.
Traumata treten nicht nur durch "große" Ereignisse wie Kriege und
Katastrophen auf, sondern auch durch "kleine" Ereignisse: Ein Sturz, ein
Unfall mit Blechschaden, ein medizinischer Eingriff... Doch nicht das
Ereignis ist für ein Trauma ausschlaggebend, sondern das Kind selbst.
Wenn sein Nervensystem, welches noch in der Entwicklung ist, von der
Angst überfordert war, kann es sein, dass das Kind nicht mehr im Stande
ist, gewöhnlich belastende Situationen zu meistern. Folge können z.B.
sein: Schlechtes Selbstvertrauen, schwere Ängste, geringe
Frustrationstoleranz, Gefühls- und Verhaltensstörungen wie ADHS...
Reaktionen auf Vorfälle können viel später auftreten und müssen nicht in
Zusammenhang stehen. "Erlebnisse, die für Erwachsene unbedeutend sind,
können für ein Kind schockierend sein, selbst wenn es keine körperlichen
Verletzungen erleidet. Auch verbergen viele Kinder ihre Gefühle, in dem
sie so tun, als hätte 'es gar nicht weh getan' oder sich zusammenreißen,
weil 'ein großer Junge/ein großes Mädchen nicht weint'." Ein weiterer
Grund: Kinder erspüren auch die Gefühlswelt ihrer Eltern und um diese
nicht zu belasten oder ihnen Kummer zu ersparen, nehmen sich Kinder auch
in ihren Gefühlsäußerungen zurück.
Die Autoren machen Mut: "Eltern können viel tun, um ihrem Kind zu
helfen, sich seine Widerstandskraft, Zuversicht und Freude zu bewahren."
Unter anderem gehört dazu, die eigenen Ängste nicht auf das Kind zu
übertragen und erst selbst wieder in ein gutes seelisches Gleichgewicht
zu gelangen.
Als Gegenstück zum Trauma ist in jedem Menschen die
Widerstandsfähigkeit, auch Resilenz genannt, verankert. Das Wissen, dass
sich alles verändert und auch Schlimmes wieder gut wird, hilft auf dem
Weg der Verarbeitung. "Tatsächlich lernen Kinder", so die Autoren, "in
dem sie immer wieder hinfallen." Die Erfahrung, das Gleichgewicht zu
verlieren und wiederzufinden und die damit verbundenen Gefühle bedeuten
ein Ansporn zum Wachsen.
Ich bin den Autoren für dieses Buch sehr dankbar. Ich habe zwar keine
Kinder und doch steckt in mir selbst ein Kind, dass durch
Hintergrundinformationen, Werkzeuge, Spielanleitungen und Beispiele in
diesem Buch ein Stück Ruhe und Orientierung gefunden hat. Was für ein
Himmelsgeschenk, wenn Kinder nach traumatisierenden Situationen
Betreuungspersonen um sich haben, die wissen, wie es einem in solchen
Situationen geht und was hilft, mit dem Erlebten und Erfahren umzugehen
und sie zu verarbeiten. Dazu gibt dieser Ratgeber konkrete Hilfestellung
zur körperorientierten und spielerischen Heilung. Besonders gefallen hat
mir der Gedanke der Widerstandskraft, die in jedem von uns steckt und
uns hilft, selbst schlimmste Ereignisse zu bewältigen und sie soweit zu
verarbeiten, dass sie keine beängstigenden Gefühle mehr auslösen,
sondern zu einer von vielen Erinnerungen unseres Lebens werden.
Das Buch ist leicht zu lesen und zu verstehen. Durch das Buch
konnte ich eine Situation durchgehen, die mir vor einigen Jahren
passierte: Ich stürzte die Treppe hinunter, zog mir eine Prellung am
Rücken zu. Viel größer als der körperliche war jedoch der seelische
Schmerz, der Schreck. Ich konnte die Situation nochmal so durchgehen
wie ich mir meine Reaktion und die meines Partners gewünscht hätte und
konnte mir auch darüber klar werden, was mir in der Situation gut
getan hätte. So haben wir beide, mein Partner und ich, eine Idee
bekommen, wie wir uns beide in künftigen Situationen verhalten können.
Denn eines ist mir auch klar geworden: Das Verhalten will gelernt
werden und kann nicht herbei gezaubert werden. Denn jeden Beobachter
schockt es erst mal, wenn sich jemand im Umfeld verletzt. Dank der
Anleitungen im Buch habe ich einen Anfang gefunden zu lernen, mit
solchen Situationen besser umzugehen. Das gefällt mir und gibt mir
Sicherheit.
Erstellt durch:
Anja Kolberg am Dienstag, 26 Oktober, 2010
Thema:
Buch: Gesundheit