Bürofrust in Energie umwandeln. Platz finden. Renovieren.
Seit über einer Woche warte ich auf eine mir wichtige Antwort. Montag beschloss ich, nachzuhaken, um endlich Klarheit zu haben. Keine Chance, die Kontaktperson hatte Termine. Ich war frustriert, weil ich geplant hatte, mit der Antwort weiter arbeiten zu können...
So richtig konnte ich mich für keine der anderen Arbeiten auf meinem Schreibtisch begeistern.
Nun haben wir im Haus ein kleines Renovierungsprojekt:
Ich geh am liebsten nur alle 14 Tage einkaufen. Folge: Unsere Küche hat aber zu wenig Stauraum für unsere Vorräte. Das artet dann so aus, dass Gläser und Dosen gefüllt mit Kirschen, Pflaumen, Saft, Senf, Aufstrichen, Pilzen & Co. im Esszimmer und auf der Arbeitsplatte lagern. Das sieht weder schön aus, noch ist es zweckmäßig. Den Platz auf der Arbeitsplatte brauchen wir eigentlich zur Essenszubereitung. Mir geht das hin- und hergeschiebe schon länger auf den Nerv. Ich mag es gerne ordentlich.
Wir könnten ein Regal im Keller aufstellen und dort die Vorräte lagern. Aber wir haben dort ab und an im Winter Mäuse zu Besuch und praktisch ist es auch nicht, erst mal die Treppe runter zu laufen, wenn ich ein Glas Spargel möchte. In der Küche: Kein Platz für zusätzliches Mobilar.
Was also tun?
Im Flur hinter der Türe zum Kellerabgang ist eine weniger als 1 qm 'große', fast quadratische Fläche. Dort stehen Staubsauger und Minus Futtertonne auf den Fliesen. An der Wand gegenüber der Flurtüre hängt das Bügelbrett. Dazwischen an der Wand - gegenüber der Treppe nach unten - hängt das Schuhregal. Der Platz ist ausgereizt.
Doch realistisch betrachtet: Die Schuhe nutzen wir kaum. Sportschuhe, Winterschuhe, Sommersandalen. Eigentlich könnte das Schuhregal in den Keller. Dann hätten wir Platz für ein sehr flaches Regal mit 18 cm Tiefe (dann beginnt die Türöffnung) und 87 cm Breite. Da ginge ja schon mal einiges rein. Zwar nicht die Masse wie bei einem 30 cm tiefen und 1 Meter breiten Vorratsregal, doch Bequemlichkeit (nicht in den Keller gehen müssen) ist unschlagbar. :o) Auf der Suche nach einem fertigen, passenden Regal blieben wir zunächst erfolglos. Wohl oder übel müssten wir also selbst was zaubern, was vor allen Dingen unten ohne Regalböden ist, damit dort weiter Staubsauger und Futterbox stehen bleiben können.
Bis ich bei IKEA zufällig in der Badabteilung ein Regal entdeckte, das nur 18 cm tief ist, aber auch nur 68 breit. Hm. Nicht wirklich viel Fläche.
Als ich Montag dann nochmal den Platz anschaute, wo das Regal hin soll, fiel mein Blick auf die rechts angrenzende Wand und das Bügelbrett. Es staubt ein, genau wie das Bügeleisen.
Ich bügle nicht. Mein Mann bügelt nicht. Ich bekomme beim Bügeln sehr schlechte Laune, weil es nie so glatt wurde wie ich wollte. Also haben wir es einer Freundin gleich getan, die sagte, sie würde ihre Wäsche glatt streicheln. :o) Dem Trockner sei dank, sind T-Shirts eh nicht mehr so zerknittert, als würden sie auf der Leine trocknen. Also falte ich sie direkt und ab in den Schrank damit. Ja, sie könnten glatter sein und ab und an gibt es Knicke an den Ärmeln. Doch das ist mir egal. Meinem Mann sowieso.
Wenn ich eine Bluse trage, dann leiste ich mir dafür eine Reinigung. Mein Mann trägt zur Arbeit schwarze T-Shirts und seinen Kehranzug. Die Maßanfertigung aus besonders schwerem Stoff und Leder wäscht er alle paar Wochen selbst. Jo, sonst haben wir nur T-Shirts, Jeans, Socken, Unterwäsche, Handtücher. Kurz: Wir bügeln nicht mehr.
Also warum das Bügelbrett nicht endlich in den Keller packen? Nur zum Spaß maß ich den dann frei werdenden Platz aus. 69 cm von der Ecke bis zum Handlauf der Kellertreppe. So ein Zufall! Da passte das Regal genau hin. Und als ich die andere Seite nochmal nachmaß, dachte ich, ich hab mich vertan: Zwei Regale passten über Eck genau auf die Fläche. 68 Breite plus 18 Tiefe des angrenzenden Regals = 86 cm. 87 cm war der Platz an der anderen Wand. Unfassbar!
Ich war so aufgeregt, konnte es gar nicht fassen, dass wir auf einmal eine Lösung hatten für unser Vorratsproblem. Und auch noch so passend und unwahrscheinlich! Wir mussten nicht selbst ein Regal basteln. Und das fertige sah auch noch schick aus.
Montag bin ich dann - als ich Frust schob, weil ich keine Antwort hatte - kurzerhand ins Möbelhaus gefahren, vorher noch beim Wertstoffcenter gleich nebenan vorbei und einige Sachen aus dem Keller entsorgt. Wieder was von dem Stapel weg, den wir schon seit dem Sommer zur Kippe bringen wollten. Gutes Gefühl. Die Regale hab ich gleich gefunden und bin mit den beiden Molger - so ihr Name - ohne Umwege übers Café oder Krimskramsabteilungen gleich zur Kasse (wieder an die falsche angestellt, wo es nicht vorwärts ging) und zum Auto.
Nächster Tag. Dienstag. Telefontermin. Ich bekam endlich meine Antwort und die knockte mich aus. Nicht, dass ich etwas anderes erwartet hätte, eigentlich hätte ich nun mit meiner Arbeit loslegen können. Aber es ging nicht. Ich schreibe hier nicht, um was es geht, das werde ich wenn der Fall wirklich abgeschlossen ist, nachholen. Mist. Blockade.
Als Bockadenhopser begann ich damit, mein Sicherungskonzept endlich zu aktualisieren. Eine meiner externen Festplatten ist voll, eine neue liegt schon hier. Das alte Sicherungsprogramm hab ich wieder runter geschmissen, es war furchtbar. Zeit, auch beim Thema Datensicherung aufzuräumen, denn wenn da alles stimmt, gibt mir das auch ein sicheres Gefühl.
Kaum hatte ich angefangen, aufzunehmen, welche Festplatten ich besitze und wie voll sie sind, kam mein Mann nach Hause. So richtig Bock hatte ich nicht an der Arbeit, die ich gerade am Schreibtisch mache. Also Frust und Blockade in praktische Energie umlenken. Ehe ich mich versah, fragte ich meinen Mann:
"Sollen wir die Regale aufbauen? Und vielleicht schon das Schuhregal abmontieren und im Keller aufhängen?" Ehe ich mich versah, hatte mein Mann das Schuhregal von der Wand gelöst und die Schuhe in die Waschküche geworfen. Auch das Bügelbrett war nicht mehr an der Wand. Im Abreißen ist er besonders super! ;o)
Da klaffte sie mich an: Die Wand. Weiß war sie mal. Jetzt tobte dort jede Menge Schmutz. Unter dem Schuhregal war eine später eingesetzte weiße Klappe zu Versorgungsleitungen, der Spieß rundherum dunkelgrau. Und die Holz-Abtrennung zum Flur war von hinten im oberen Bereich nie gestrichen worden. 3 Meter hoch ging es da gefühlt, bis die Treppenstufen zur erste Etage begannen. Über mir nur Dunkelheit und Spinnweben. Ich hab da noch nie hingeleuchtet glaube ich.
Mein Mann hatte in der Küche Molger Nr. 1 schon fast zusammen geschraubt. Er wollte nur mal probieren, ob es passt. Ja, passte. Mit Molger 2 - perfekt über Eck die schmale Fläche ausgefüllt. Wenn es nach meinem Göttergatten gegangen wäre, er hätte das Regal einfach gleich aufgestellt. Doch nicht mit mir.
Wenn schon, dann machen wir es jetzt auch 'richtig', ich meine schön. Wir hatten vom Terrasse renovieren noch weißen Putzgrund im Keller, mit dem sich herrlich eine Wand weiß streichen lässt und weiße Holzfarbe war auch noch übrig. Also hab ich mich rangemacht. Dübel entfernt, Staub abbekommen, Löcher zugeschmiert und am zugigen Kelleraufgang irgendwie eine Stehleiter aufgestellt und angefangen zu streichen. Alles war mir lieber, als oben im Büro wieder meiner Blockade zu begegnen. Und streichen ist eh mein Ding.
Da ich teilweise über Kopf arbeiten musste, sah mein Gesicht anschließend anders aus: Weiße Farbflecke. Richtig weiß wurde die Holzwand beim ersten Streichen nicht. Eher so eine interessante moderne Mischung, wo braun hindurch scheint. Aber jetzt sieht man endlich, was da oben ist, wenn man hochschaut. Gutes Gefühl. Ich werde die Holzwand nicht nochmal streichen, das reicht so. Auch die Steinwand sieht jetzt völlig anders aus. Fünf Stunden hab ich an dem kleinen Fleckchen insgesamt gestrichen. Die raue Holzverkleidung, die beiden Wände und die Unterseite der Holztreppenstufen zur ersten Etage über mir.
Kurzzeitig war ich sauer. Warum machte ich das eigentlich? Mir war kalt, ich hatte Farbe im Gesicht, mein Nacken schmerzte wegen der komischen Haltung in der Enge. Und mein Mann machte ein Nickerchen im Warmen.
Ich überlegte: Es war ja zu wenig Platz, um zu zweit zu arbeiten. Mein Mann hatte sich zwischendurch an mir (natürlich mit gutem, schwarzem FC-Shirt) während des Streichens vorbeigequetscht, weil er unbedingt Schrauben aus dem Keller holen musste, um die neuen, praktischen akkubetriebenen LED-Bewegungslampen im Flur zu montieren. Er wartete nicht, bis ich zur Seite ging, sondern drückte sich am frisch gestrichenen Türrahmen ein weißes Muster auf seinen Rücken. Danach hatte er Vorbeiquetschverbot und Minu, die ihr schwarzes Fell auch gerne so verschönert, ebenso. Und streichen war eh 'meine' Arbeit. Zudem: Anja, sei ehrlich, du wolltest es, nicht dein Mann, jetzt machst du es. Für dich. Für dein gutes Gefühl. Und dann machte mir das Streichen wieder Spaß. Und das ist es jetzt:
Ein so gutes Gefühl, mich dort nun umzuschauen. Es wurde hell an einer dunklen Stelle. Ich kann jetzt genau sehen, was oben ist. Weißes Holz. :o) Auch der Türrahmen ist zumindest von innen gestrichen. Er war mal weiß... Eigentlich müsste die Holzvertäfelung auch von außen gestrichen werden. 18 Jahre ist es her, dass wir das Haus renoviert haben, was beim genauen hinschauen auch sichtbar wird. Doch einen Schritt nach dem anderen. Irgendwann in der Zukunft, wenn mich mal wieder eine Blockade quält...
Abends versorgte mein Mann mich dann mit Glühwein. Ah, tat das gut. Doch die Nacht war unruhig. Mir schmerzten Rücken und die Ellbogen. Die Blase hatte ich mir auch erkältet. Arg. Trotz Fleecejacke hatte ich nicht gut für mich gesorgt. Aber das Gefühl, am nächsten Tag dort die beiden Regale aufzubauen, dass der Bereich jetzt so schön ausschaut und dann endlich einen Überblick über unsere Vorräte zu haben - macht das alles wett.
Ich bin so froh, meinen Bürofrust postiv umgewandelt zu haben: In Renovierungsenergie. Wieder eine der vielen Aufgaben abgearbeitet. Yeah!
Jetzt trocknet erst mal die Farbe. Dann kommt der nächste Schritt.
Liebe Grüße von einer stolzen
Anja Kolberg
P.S. So ging es weiter: Erstaunlich robust
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https://www.frauencoaching.de/archives/2015/01/entry_6889.html
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Thema: Blog - 2015, 1. Halbjahr, Blog - Renovierung, Blog - Selbstständigkeit
Aktueller Beitrag: Bürofrust in Energie umwandeln. Platz finden. Renovieren.
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