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Noch eine Runde loslassen
Seit zwei Tagen ist es wieder an der Zeit, weitere Dinge in meinem (Berufs-)leben loszulassen. Vor allen Dingen: Papier. Der Inhalt meiner Hängeregistratur - ein großer Schrank mit vier Doppelfächern - wird Schritt für Schritt gehimmelt. Puh! Gerade habe ich eine Mappe mit Zeitungsausschnitten vor mir, die mir wirklich am Herzen liegen. So wichtig, dass ich darüber einen Blogeintrag mache, bevor ich sie ganz loslasse.
Es sind Berichte über Schriftsteller und wie sie ihren Weg gegangen sind. Mir machen sie Mut, weil sie das Leben als Schriftstellerin greifbarer und ein Stück normaler machen. Oder welche Schwierigkeiten heutige Bestseller-Autoren hatten, bis sie ihren Durchbruch erlebten. Die bekannteste Geschichte ist wohl die von Joanne K. Rowling, deren Harry Potter Bände von neun Verlagen abgelehnt wurden. (Quelle: Kölner Stadt-Anzeiger, 12. November 2001). Seit 2001 sammle ich diese Ausschnitte schon. Ich werde sie mir jetzt nicht noch einmal alle durchlesen, nicht das herausfischen, was mich ermutigt, nicht weiter daran festhalten als wären diese Berichte der Schlüssel für meinen Weg, sondern darauf vertrauen, dass sich zum rechten Zeitpunkt alles fügt.
Zum Abschluss noch ein Zitat von Thomas Mann, das mir besonders viel Mut macht: "Ein Schriftsteller ist ein Mensch, dem das Schreiben schwerer fällt, als allen anderen Menschen."
Anja Kolberg
Thema: Blog - 2009, 2. Halbjahr, Blog - Loslassen, Schriftsteller
Autoren-Interview mit Sabine Kornbichler zu "Das Richterspiel"
Das Richterspiel
Anja Kolberg: Herzlichen Glückwunsch zu ihrem neuen Roman!
Sabine
Kornbichler: Vielen Dank!
Anja Kolberg: Sie sagten vor der Veröffentlichung, dass Ihnen
dieser Roman viel bedeutet. Warum bedeutet er Ihnen viel?
Sabine
Kornbichler: Ich musste sehr viel dafür recherchieren und bin
dadurch immer tiefer in die extrem schwer verdauliche Thematik der
Kindesmisshandlung eingetaucht. Das war auch für mich als Autorin
belastend. Ich konnte nicht abends einfach meine Arbeitszimmertür
schließen und all das hinter mir lassen.
Anja Kolberg: Mit welcher Anfangsidee starteten Sie das Buch, die
Recherchen?
Sabine Kornbichler: Die Ursprungsidee war die
Frage, was eigentlich mit den Kindern geschieht, die wegen Misshandlung
und/oder Verwahrlosung aus ihren Familien genommen werden. Ich habe mich
gefragt, wie viel Verlass darauf ist, dass es ihnen dort, wo sie
hinkommen, tatsächlich besser geht. Aus dieser Fragestellung heraus habe
ich dann meine Geschichte entwickelt. In der Realität ist es jedoch zum
Glück so, dass die Kinder in den allermeisten Fällen in ihren
Pflegefamilien gut aufgehoben sind.
Anja Kolberg: Was war für "Das Richterspiel" Ihre größte
Herausforderung?
Sabine Kornbichler: Die größte
Herausforderung war eigentlich, genau zu verstehen, was in einem Kind
vorgeht, das in seinem Elternhaus misshandelt wird, welche Folgen diese
Misshandlungen für seine Entwicklung und sein späteres Leben haben. Was
es braucht, damit dieses Kind sich in seiner Pflegefamilie von der
Traumatisierung in kleinen Schritten erholen kann.
Anja Kolberg: Möchten Sie mit diesem Buch eine Botschaft
vermitteln? Wenn ja, welche?
Sabine Kornbichler: Keine
Botschaft, eher einen Wunsch: All seinen Mut zusammenzunehmen und
einzugreifen, wenn man die Notlage eines Kindes zu sehen glaubt – auch
auf die Gefahr hin, dass man sich irrt. Den Wunsch habe ich natürlich
auch an mich.
Anja Kolberg: Die Idee mit dem hilfsbedürftigen Kommissar, der
Marlene zur Recherche benötigt, gefällt mir. Planen Sie weitere Romane
mit diesem Team?
Sabine Kornbichler: Derzeit nicht, nein.
Anja Kolberg: Wenn Sie Ihrem Roman einen Wunsch wie eine gute Fee
mit auf den Weg geben sollten, was würden Sie wünschen?
Sabine
Kornbichler: Dass er die Menschen, die ihn lesen, berührt.
Anja Kolberg: Die Handlung findet im Winter statt und erinnert
mich an den strengen Winter 2008/2009. Haben Sie bewusst diese
Jahreszeit für den Roman gewählt oder war es die Jahreszeit, in der Sie
geschrieben haben? (Statt Sylvester hätte ja auch ein anderes Fest
stattfinden können.)
Sabine Kornbichler: Ich habe ihn im
Winter begonnen und in dem strengen Winter 08/09 beendet. Aber rein
gefühlsmäßig war und ist es für mich ein Roman, in dem Kälte eine Rolle
spielt.
Anja Kolberg: Wie oft haben Sie das Buch überarbeitet, bis es
seine Endfassung erlangt hat?
Sabine Kornbichler: Dreimal.
Anja Kolberg: Fertigen Sie vorher Lebensläufe der einzelnen
Personen an? Wie detailliert sind diese, gehen sie bis hin zum
Geburtsdatum, Hobbies etc.?
Sabine Kornbichler: Nein, so
detailliert mache ich das nicht, aber Lebensläufe brauchen die Figuren
schon, und ich mache mir natürlich vorher Gedanken über die Eigenheiten,
über die Charaktere der einzelnen Personen.
Anja Kolberg: Waren Ihnen die einzelnen Stationen des Buches vor
Beginn des Schreibens klar?
Sabine Kornbichler: Im Großen und
Ganzen ja. Natürlich ergibt sich trotzdem einiges noch beim Schreiben.
Anja Kolberg: Was bleibt im Schreibprozess dem Zufall überlassen?
Sabine
Kornbichler: Dem Zufall eigentlich gar nichts, aber der Phantasie
ganz viel.
Anja Kolberg: Wie lange dauerte es von der Idee für "Das
Richterspiel" bis zur Manuskriptabgabe?
Sabine Kornbichler:
Eineinhalb Jahre.
Anja Kolberg: Sie bringen in das Buch typische Verhaltensweisen
von Senioren ein, wie bestimmte Redensarten, die Einsamkeit, die
Einrichtung der Küche. Wie sammeln und sortieren Sie diese Informationen?
Sabine
Kornbichler: Wann immer ich die Gelegenheit bekomme, in ein mir
fremdes oder ungewohntes Leben Einblick zu bekommen, nutze ich die
Chance und sehe sehr genau hin. Dieser „Rechercheblick“ ist mir
vermutlich längst zur zweiten Natur geworden.
Anja Kolberg: Für "Das Richterspiel" gab es Fachwissen zu
recherchieren, zum Beispiel über Mordermittlungen der Kripo oder
Kindesmisshandlung und deren Auswirkungen auf die Opfer, die Eltern, die
Anforderungen von Pflegefamilien, die Einschätzungen einer Psychologin,
die einer Kindergärtnerin. Wie haben Sie dieses Wissen recherchiert?
Sabine
Kornbichler: Indem ich mir für jeden Bereich jemanden gesucht habe,
der mir kompetent Auskunft geben kann. Und dann habe ich natürlich jede
Menge Fachliteratur gelesen.
Anja Kolberg: Was hat Ihnen bei diesem Buch die meiste Freude
bereitet?
Sabine Kornbichler: Claussen – ich mag diesen Mann
einfach.
Anja Kolberg: Welche Frage möchten Sie in Zusammenhang mit Ihrem
neuen Buch gerne gefragt werden?
Sabine Kornbichler: Taucht
Twiggy, Marlenes verschwundene Katze, jemals wieder auf?
Anja Kolberg: Taucht Twiggy, Marlenes verschwundene Katze, jemals
wieder auf?
Sabine Kornbichler: Da bin ich ganz sicher.
Danke für Ihre Zeit und die Informationen!
Das Interview führte Anja Kolberg, www.frauen-coaching.de
Weiterführende Links:
Thema: Blog - 2009, 2. Halbjahr, Blog - Schreiben, Schriftsteller
Interview mit Sabine Kornbichler:
Der gestohlene Engel
Nach ihrer Ausbildung als Volkswirtschaftlerin und den Berufsstationen als Texterin und PR-Beraterin widmet sich Sabine Kornbichler dem freien Schreiben. Mit großem Erfolg. Die in Berlin lebende Schriftstellerin bringt zur Zeit ihren neunten Roman zu Papier.
Ihr letztes Werk "Der gestohlene Engel" [Meine Rezension lesen Sie hier.] hat mich so fasziniert, dass ich Kontakt zu der Autorin aufgenommen und ein Interview mit ihr geführt habe.Mich interessierte vor allem der Prozess des Schreibens an diesem Buch:
"Der gestohlene Engel" bei Amazon
Anja Kolberg: Wie entstand die Idee für das Buch "Der gestohlene
Engel"?
Sabine Kornbichler: Die Idee entstand aus der
Tatsache, dass Hebammen, die Hausgeburten durchführen und dann ja auch
die Geburt eines Kindes bescheinigen, durchaus die Möglichkeit zum
Betrug haben (natürlich rein theoretisch betrachtet). Dann habe ich mich
gefragt: Woher könnte das Baby kommen, dem eine falsche Urkunde
ausgestellt wird? Aus welchen Gründen könnte ein Baby abgegeben werden?
So kam ich auf das Missbrauchsthema und den späteren Gewissenkonflikt
der Protagonistin. Das alles wollte ich mit dem Thema Freundschaft
verknüpfen und mit der Frage, wie viel Geheimnis eine Freundschaft
eigentlich verträgt.
Anja Kolberg: Wie klar war die Idee, der Ablauf, als sie zu
schreiben begannen?
Sabine Kornbichler: Ganz klar. Ich habe
ein Exposee darüber geschrieben und die Idee im Detail ausgearbeitet.
Anja Kolberg: Hat sich die Idee während des Schreibens verändert?
Sabine
Kornbichler: Nein. Allerdings wusste ich anfangs noch nicht, wie ich
diesen Gewissenskonflikt lösen würde. Dazu bedurfte es weiterer
Recherchen.
Anja Kolberg: Wie entwickeln Sie eine Idee für einen neuen Roman:
Entwickeln Sie die Idee im Kopf so lange, bis sie klar ist, schreiben
Sie Teile auf oder...?
Sabine Kornbichler: Ich entwickle die
Idee erst ganz grob im Kopf und arbeite dann im Exposee die Details aus.
Anja Kolberg: Hatten sie den vollständigen Ablauf vom Treffen der
Freundinnen bis zum Abendessen mit dem abtrünnigen Partner (also diese
vielen parallel laufenden Geschichten) nebst den Personen schon zu
Beginn im Kopf oder sind sie nach und nach aufgetaucht?
Sabine
Kornbichler: Nein, ich hatte sie gleich im Kopf.
Anja Kolberg: Wie oft haben Sie die Geschichte
umgeschrieben/verändert?
Sabine Kornbichler: Ich habe das
Manuskript am Ende überarbeitet, nicht jedoch inhaltlich.
Anja Kolberg: Das Buch greift die Themen Inzest, Krebs und
Eheprobleme auf. Wie schaffen Sie es, dass es so echt wirkt?
Sabine
Kornbichler: Indem ich sehr viel recherchiere und versuche, mich in
Seelenzustände hineinzuversetzen.
Anja Kolberg: Wie gehen Sie am liebsten bei Ihren Recherchen vor?
Recherchieren Sie im Internet, führen Sie Interviews?
Sabine
Kornbichler: Wenn ich mir ein Grundthema ausgesucht habe,
recherchiere ich überall: Internet, Fachbücher, Fachzeitschriften,
Interviews mit Fachleuten und Betroffenen, Seminare.
Anja Kolberg: Wie viel Zeit ist von der Idee bis zum Beginn des
Schreibens vergangen? 2-3 Monate
Sabine Kornbichler: Und wie
viel Zeit vom Beginn des Schreibens bis zum Fertigstellen des
Manuskripts? 8-10 Monate
Anja Kolberg: Wie bauen Sie das Schreiben in Ihren Tagesablauf
ein? Schreiben Sie den ganzen Tag?
Sabine Kornbichler: Ich
schreibe zwischen 4 und 7 Stunden pro Tag.
Anja Kolberg: Haben Sie Rituale beim Schreiben?
Sabine
Kornbichler: Nein, aber ich schreibe am liebsten an meinem PC im
Arbeitszimmer.
Anja Kolberg: Zweifeln Sie manchmal an Ihrem Können?
Sabine
Kornbichler: Ja.
Anja Kolberg: Wie überwinden Sie Ihre
Zweifel?
Sabine Kornbichler: Indem ich mit meinem Mann und
meinen Freundinnen darüber spreche und indem ich darüber nachdenke und
analysiere, woher die Zweifel kommen.
Anja Kolberg: Welche Rolle spielt Ihre Erfahrung als Texterin bei
Ihrem schriftstellerischen Erfolg?
Sabine Kornbichler: Sicherlich
eine große, denn um Texterin zu werden, habe ich ein journalistisches
Volontariat gemacht. Dabei habe ich sehr viel Handwerkszeug erworben.
Anja Kolberg: Was lieben Sie an Ihrem Beruf?
Sabine
Kornbichler: Die Möglichkeit, allein zu arbeiten, unabhängig zu
sein, meine eigenen Ideen umsetzen zu können und ein Ventil für meine
Phantasie zu haben.
Anja Kolberg: Kennen Sie Schreibblockaden?
Sabine
Kornbichler: Nein
Anja Kolberg: Was glauben Sie, warum
kennen Sie diese nicht?
Sabine Kornbichler: Vielleicht, weil
ich mir selbst keine Blockaden schaffe, indem ich sofort jeden Gedanken
bewerte. Ich lasse meiner Phantasie freien Lauf und fasse sie in Worte.
Ob ich dann damit letztlich zufrieden bin, entscheide ich später.
Anja Kolberg: Erinnern Sie sich noch an das Schreiben Ihres
ersten Romans "Klaras
Haus"? Wie haben Sie es geschafft, ihn zu Papier zu bringen?
Sabine
Kornbichler: Daran erinnere ich mich sehr gut. Und ich fand es gar
nicht schwer, ich wollte einfach wissen, ob ich es kann.
Anja Kolberg: Haben Sie Erfahrungen mit dem Buch "Der Weg des
Künstlers" von Julia Cameron oder anderen kreativen Schreibratgebern?
Waren sie wichtig für Sie?
Sabine Kornbichler: Diesen
Ratgeber kenne ich nicht. Ich habe in andere hineingelesen, konnte aber
für mich nichts daraus mitnehmen. Ich greife lieber auf das zurück, was
aus meinem Bauchgefühl entsteht.
Anja Kolberg: Was empfehlen Sie Menschen, die gerne einen Roman
schreiben möchten?
Sabine Kornbichler: Der Phantasie Raum
geben, eine Idee entwickeln und loslegen. Und neugierig sein, wohin es
einen führt.
Anja Kolberg: Danke Sabine Kornbichler für Ihre Zeit!
Das Interview führte Anja Kolberg, www.frauen-coaching.de
© Foto von Sabine Kornbichler: Peter von Felbert
Weiterführende Links:
- Webseite Sabine Kornbichler
- Sabine Kornbichler bei Droemer-Knaur
- Buch "Der gestohlende Engel" bei Amazon bestellen
Thema: Blog - 2008, 2. Halbjahr, Schriftsteller
Was sagen Autoren...
... über ihren Weg? Das interessiert mich ungemein. In dieser Rubrik werde ich Interviews mit Schriftstellern sammeln, die ich im Netz gefunden habe.
Fangen wir mit der im Rheinland lebenden Krimi-Autorin Petra Hammesfahr an, die trotz 158 (!) Ablehnungen hartnäckig blieb und inzwischen viele Bücher erfolgreich publiziert hat (bekannt ist sicherlich vielen "Der stille Herr Genardy", welches auch verfilmt wurde): Interview auf buecher-4rum.de
Inspiration beim Lesen wünscht
Anja Kolberg
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